Die perfekten Kinder
Heute lehne ich mich mal wieder so richtig aus dem Fenster! Nein, heute gibt es keine Story vom Bau, heute geht es um die kleinen “Quälgeister” und das, obwohl ich noch gar keine eigenen Kinder habe.
“Der hat doch gar keine Ahnung”, wäre jetzt eine zu erwartende Kritik. Doch mir ist solche Art von Kritik zu plakativ. Die Denke: “nur Menschen mit eigenen Kindern dürfen bei Kindeserziehung mitreden”, ist sowas von verstaubt, da reichen auch keine Argumente mehr – [Ohrfeige] – *scherz*
Im Folgenden, weil es sich schöner lesen lässt, spreche ich von “unseren Kindern.”
Primär geht es mir im heutigen Beitrag um die Ansprüche, die wir an unser eigenes Leben haben und die Ansprüche, die wir somit unterbewusst an “unsere Kinder” stellen.
Das perfekte Leben
Heute muss alles perfekt sein. Wir haben uns vom Urmenschen, der sich vor dem Essen mit Sicherheit noch keine Hände gewaschen hat, hin entwickelt, zu einer Spezies, die mittlerweile aus völlig nachvollziehbaren und zwar aus hygienischen Gründen nicht mal mehr die Hände reichen darf/wird. Ja, soweit weg von einer natürlichen Umgebung haben wir uns entwickelt, dass man sich fragen muss: Haben wir eigentlich noch einen intellektuellen Verstand dafür, dass wir in einer Natur (Biosphäre) leben bzw. von einer natürlichen Umgebung abhängig sind? Ich würde sagen ja, wenngleich auch das nicht für alle zutrifft. Das wir nach immer mehr Perfektionismus streben, das liegt eben auch in der Natur der Sache.
Die perfekte Erziehung
Aber was ist, wenn wir unsere perfektionistischen Ansprüche im Alltag nicht mehr reflektieren, was macht das mit uns und was macht das mit unseren Mitmenschen – und was macht das vor allem mit unseren Kindern? Meiner Meinung nach – falls du es schon bemerkt hast, das hier ist eine Meinungsplattform – setzen wir unsere Mitmenschen und natürlich auch unsere Kinder zusehends unter Druck. Und was als Folge des Leistungsdrucks passiert, das sind die Probleme, die z.B. in der Schule auftauchen. Denn wenn Kinder diesem Druck nicht mehr gerecht werden, “reagieren” sie reaktant und verschließen sich. Kommt dann noch eine Pandemie mit Distanzunterricht dazwischen, sind weitere Probleme und sozialentwicklungsspezifische Defizite vorprogrammiert. Jugendliche stellen sich bockig, sie haben keine Lust mehr und fühlen sich abgehängt. Doch weil Kinder grundsätzlich ein Interesse an Bildung haben, ziehen sie sich ihre Informationen aus dem Netz.
Die perfekte Zukunft
Mich wundert es nicht, dass es Coronapartys gibt. Mich würde es auch nicht wundern, wenn es nach dieser sich unendlich anfühlenden, sozialen Isolation bei der jungen Generation nach dem Lockdown, wieder zu mehr Alkohol und Drogenkonsum kommen würde. Hat man doch vor Corona noch stolze Zahlen präsentiert, dass die jungen Menschen heutzutage vor lauter Perfektionismus immer gesünder und körperlich bewusster leben. Ich bin gespannt wie es weitergeht… Gespannt bin ich vor allem darauf – so habe ich es in dem letzten Beitrag vor meiner einjährigen Pause schon erwähnt – wie es nach der Pandemie politisch weitergeht. Kriegen wir es nicht hin, eine Zukunft zu gestalten, in der unsere jungen Menschen eine reale Zukunft haben, werden die Jungen und Mädchen es uns spüren lassen. Denn die Kinder von heute, die scheinbar ihr halbes leben vor dem Bildschirm verbringen, sind heute viel reflektierter als wir es damals waren, weil wir heute neue, andere Kommunikations-Medien haben (die so etwas erwiesenermaßen begünstigen). Lass das bitte einfach mal gedanklich sacken…
Machen wir uns doch nichts vor, wenn die Zukunft keine rosige Aussicht verspricht, dann wird uns auch unser Perfektionismus nicht mehr helfen, denn dann werden wir an Hand unserer eigenen Kinder und deren Gemütszustand feststellen können, was in unserer Welt oder vielleicht auch nur in unseren eigenen vier Wänden falsch läuft.
Der perfekte Tischler und ich.
Meine Entscheidung, von der Rolle des perfekten Tischlers zu einem Pädagogen, der auch vor seinen Schüler*innen keine Angst davor hat seine eigenen Fehler zu thematisieren, diesen Rollentausch habe ich bis heute nicht bereut – im Gegenteil – und es bringt mich tagtäglich weiter. Ich würde sagen; es hilft mir zwischenmenschlich aber auch auf der beruflichen Ebene. Denn erst seit dem ich das erkannt habe, dass es ok ist, Fehler zu machen, seitdem macht mir mein Job und irgendwie auch mein Leben noch mehr Spaß.
PS. Meine bitte – ja, jetzt halte ich mich schon fast soweit aus dem Fenster, dass ich mich nur noch mit einer Hand festhalten kann (gut, dass ich noch keine Kinder habe) – meine Bitte lautet: Nimm dir Zeit für deine Kinder, das ist wichtiger als alles andere. Bitte gib deinen Kindern das Gefühl, dass auch sie noch ein bisschen Zeit haben, bis sie da sind, wo sie einmal selbst stehen wollen.
Und wenn es irgendwie zeitlich passt, nimm dir die Zeit für dich alleine und schaue mal wieder auf meiner Seite vorbei, ich würde mich freuen. Es liegt in deinen Händen, was du aus deiner Zeit machst. So, nun mach ich das Fenster wieder zu, denn es wird langsam ganz schön kalt und das im April. 😉
Herzliche Grüße aus Bremen, dem sozialen Bremen mit vielen “bunten” Kindern. 🏳️🌈